Tag 14 (20.04.): Trip to YiLan

Nach zwei Wochen verließen wir zum ersten Mal Taipei und machten uns auf den Weg zu unserem Tagesausflug nach Yilan.
Unser erster Stopp führte uns zum Yilan Park, der dem National Centre for Traditional Arts angegliedert ist. Unmittelbar nach unserer Ankunft waren wir auch schon mittendrin in einer Perfomance. Wir folgten den als Tiere verkleideten Darstellern durch den Park zu ihrer Bühne. Erzählt wurde uns der Ursprung der chinesischen Tierkreiszeichen: der Legende nach wurde vom Jadekönig ein Wettrennen veranstaltet. Die ersten zwölf Tiere, welche den Fluß überquerten, sollten in der Reihenfolge ihrer Ankunft die zwölf Tiere des chinesischen Kalenders bilden.

Die scheinbar chancenlose Ratte schwamm nicht selbst über den Fluß, sondern sprang auf den Rücken des Ochsen, ein guter Schwimmer. Dadurch konnte sie den Sieg für sich verbuchen. Sie ist das erste Tier unter den Tierkreiszeichen. Der Ochse wurde somit zweiter Sieger, gefolgt vom Tiger. Der Hase konnte als Vierter das Flußufer erreichen, der Drache wurde Fünfter. Durch eine List konnte die Schlange das Pferd schlagen, in dem sie sich im Huf versteckte. Die Plätze 8, 9 und 10 gingen an Ziege, Affe und Hahn. Der Hund wurde Elfter, das Wildschwein bildete das Schlusslicht.

Nach der kurzweiligen Aufführung schlenderten wir weiter durch den Park. Er ist durch drei Boulevards unterteilt: Folk Art Boulevard, Education Boulevard und Waterfront Boulevard. Kleine Shops reihen sich aneinander. Am Folk Arts Boulevard ging es vor allem darum, die Handwerkskunst zu würdigen: es gab eine Holzwerkstatt, ein Färbeatelier, Keramik und Porzellan und vieles mehr; immer verbunden mit der Möglichkeit, sich selbst zu beteiligen und etwas herzustellen (DIY ist hier wirklich sehr beliebt). Die angebotenen Produkte waren sehr hochwertig, kreativ und liebevoll gestaltet. Wir hätten gerne zugeschlagen, aber das ein oder Transportproblem hielt uns ab.

Nach dem Mittagessen ging es noch zu einem sehr großen taoistischen Tempel. Dieser lag wunderschön von Bäumen umgeben auf einem Berg, mit toller Aussicht auf den am Sockel des Berges gelegenen Meihua See. Der ruhige Ort lud zum Verweilen ein. Wir zündeten Räucherstäbchen an und grüßten die fünf Götter, die im Tempel wohnen.
Abschließend ging es noch zum Langyan Museum, das vor allem durch seine Architekur besticht. Uns erinnerte das Gebäude im ersten Moment an ein auf der Seite liegendes Schiff. Tatsächlich soll es jedoch Berge darstellen. Hier kommt es also – wie so oft im Leben – auf die Perspektive an.

Wir haben einen sehr schönen und entspannten Tag in Yilan verbracht. Danke an Camille und Cape für ihre Begleitung!

Tag 12 (18.04.): Vocational Day II

Am zweiten Vocational Day besuchte Denise nach der Firma Novartis die Food and Drug Administration (FDA). Wie die in Deutschland vergleichbare Behörde ist die FDA in erster Linie für die Arzneimittelsicherheit der Bevölkerung zuständig. Sie ist auch hier dem Gesundheitsministerium unterstellt.
Die FDA unterhält eigene Laboratorien, in denen auch Tests durchgeführt werden. So wird hier z. B. untersucht, ob verbotene Inhaltsstoffe in Kosmetika enthalten sind. Weitere Sicherheitsmaßnahmen, für die die FDA zuständig ist, beziehen sich auf den Kampf gegen Arzneimittelfälschungen und Drogenmißbrauch.
Es folgte ein reger Austausch über Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Umgang mit Arzneimitteln zwischen Deutschland und Taiwan. Im Gegensatz zu deutschen Apotheken werden hier z. B. keine individuellen Arzneimittel hergestellt. Dies sorgte für großes Erstaunen, sodass Denise versprechen musste, umgehend nach ihrer Rückkehr „Beweisfotos“ zu schicken.
Die FDA wird nächste Woche in ein neues Gebäude umziehen. Daher ist Denise umso dankbarer für den netten Empfang und die sehr interaktive Gestaltung ihres Besuches.

 

Christoph erlebte ebenfalls einen sehr interessanten zweiten Vocational Day:

Es ist 18:00 Uhr, als ich nach 9 Stunden Vocational Day in die U-Bahn steige. Ich habe Glück und kann mich trotz voller Bahn in einen Sitz plumpsen lassen. Da sitz‘ ich nun und atme tief durch. Irgendwie kann ich noch nicht glauben, was so alles vorher passiert ist. Es war ’ne Achterbahnfahrt, die morgens beim City Government von Taipeh beginnt. Ein riesiges Gebäude, voll mit Verwaltungen und – aus der Vogelperspektive betrachtet – gebaut wie eine Taiwanesische Doppelzehn, eine Erinnerung an den Nationalfeiertag, den 10.10. eines jeden Jahres.
Als erstes wartet das Department of Urban Development auf mich – vorbereitet mit einer Präsentation bekomme ich einen Eindruck von den großen Stadtprojekten. Es geht um Neustrukturierung, Entwicklung neuer Zentren und um das Schaffen von neuem Wohnraum. Ein ganzheitliches Konzept soll Taipeh hier in die Zukunft führen. Auch ich erzähle, in das Tischmikrofon vor mir sprechend, von meinem Job und der Herausforderung, öffentliches Immobilienmanagement im Einklang mit ökonomischen Zielen zu managen.
Abschließend bekomme ich noch vom Department of Land Administration weitere Informationen über wichtige Stadtprojekte, alles im engen Takt aus Präsentation, Diskussionen, Fragen, Übersetzungen. Kaum blicke ich mich um, ist der Vormittag zu ende. Jetzt heißt es aber Lunch – wir sind schon spät dran!
Der Nachmittag hat dann mit Repro International und Giga House zwei interessante Real Estate Firmen zu bieten. Wir diskutieren über Mitarbeiterführung, den hiesigen Immobilienmarkt und aktuelle Potentiale bei Investitionen in den philippinischen Markt, einem gar nicht allzu entfernten Land mit über 100 Mio. Einwohnern. Schön, mal einen Ländervergleich aus Sicht eines Taiwanesen zu bekommen.
Voll von Eindrücken komme ich aus diesen Unternehmen und frage zaghaft meine Koordinatorin, was wir denn jetzt noch machen. Es gibt eine „surprise“. Und was für eine! Wir fahren zu Akuma Design, wo ich Timmy wiedertreffe. Was nun folgt ist ein Austausch über verschiedene Arten der Bürogestaltung, wie Designprojekte in Taiwan gestartet und gesteuert werden und über Chancen, die Kreativität im eigenen Unternehmen zu fördern. Wow! Hier herrscht so viel Energie und Gestaltungswille, dass ich vergesse, vorher schon voll mit Eindrücken gewesen zu sein. Ich erzähle viel aus Deutschland, frage noch mehr und bemerke irgendwann den dezenten Hinweis meiner Koordinatorin, mal auf die Uhr zu schauen.
Ups.
Da ist wohl etwas Zeit ins Land gegangen.
Wir machen noch schnell ein Foto und dann geht es ab zur nächsten Bahnstation.
Und da sitze ich nun. Geplättet. Kann kam glauben, dass dies alles an einem Tag passiert ist. Aber es war einfach super. Was für ein Mix! Was für ein Interesse an einem Austausch mit mir. Stark.

 

Lisa startete etwas ungewöhnlich in den Vocational Day. Es ging zunächst zur Firma ChiDeh Heavy Lift. Die Firma ist darauf spezialisiert, wirklich große bzw. schwere Gegenstände zu verladen. Hierbei kommen spezielle Kräne zum Einsatz; die meisten, die ChiDeh verwendet, tragen den Schriftzug deutscher Hersteller. Da die Fahrzeuge allerdings in der Regel an Orten zum Einsatz kommen, zu denen man nicht so einfach Zugang bekommt, konnte Lisa nur anhand des Fuhrparks und von Videos einen Eindruck von den Geschäftstätigkeiten der Firma bekommen.
Kurzerhand wurde daher einfach noch das Haus der Palast des aktuellen Firmeninhabers besichtigt. Emperor Hu, wie sich der Spross des verstorbenen Firmengründers selbst gerne bezeichnet, ist wahrlich eine Erscheinung. Gleiches gilt auch für sein Haus. Dieses hat er vor ein paar Jahren für sich, seine vier Ehefrauen, seine drei Freundinnen und seine 14 Kinder bauen lassen (das ist hier nicht normal!). Über acht Etagen erstreckt sich ein Reich aus Gold, Glitzer… und großen Plüschtieren?!
Nach einem leckeren Mittagessen ging es weiter zur Firma Central Way Express. Das Unternehmen transportiert hochsensibles Equipment, wie zum Beispiel hochpräzise Messgeräte, medizinische Instrumente oder Maschinen zur Produktion von Halbleitern oder Computerchips. Zu diesem Zweck sind alle Fahrzeuge mit einer Art Airbag ausgestattet, der Erschütterungen ausgleicht. Zusätzlich können in allen Fahrzeugen Temperatur und Luftfeuchtigkeit – gerade letztes ist hier in Taiwan sehr wichtig – reguliert und kontrolliert werden. Unter anderem hat Central Way auch die Einzelteile sowie später die fertigen Formosat Satelliten transportiert (s. unseren Besuch bei der National Space Organization). Central Way Express ist außerdem spezialisiert auf den Transport von Kunstgegenständen. Auch hier schließt sich der Kreis zu einem unserer vergangenen Ausflüge: die Firma transportiert regelmäßig Exponate des Taipei National Palace Museums.

 

Für Ricarda begann der zweite Vocational Day mit einem Kaffee und einer Fahrt im offenen Cabrio ihres Koordinators Hom. Als erster Stopp stand KAFNU auf der Agenda, ein 12-stöckiger Co-Working Space in Mitten von Taipei. Hier stehen Gründern eine Vielzahl von Räumlichkeiten und Angeboten zur Verfügung. Zur Freude der beiden ist hier viel Wert auf die Gestaltung gelegt worden. Im Erdgeschoss befindet sich ein für Gäste offenes Café/ Bistro. Darüber finden sich offene Co-Working Arbeitsplätze, Büros, Veranstaltungsräumlichkeiten, offene Loungebreiche, Konferenzräume und sogar ein Fitnessstudio. Besonderes Merkmal des Co-Working-Places sind Räumlichkeiten für Ton- und Videoaufnahmen. Zudem verfügt jede Etage über eine – für Taiwan eher unübliche – offene Teeküche und es gibt sogar Übernachtungsmöglichkeiten. Insgesamt herrscht eine ruhige und konzentrierte Arbeitsatmosphäre, die dazu einlädt, ein Teil der Community zu werden. Jedoch kann sich nicht jeder bei Kafnu einmieten; den Initiatoren ist ein interessantes und kooperationsfähiges Miteinander wichtig und daher findet vorweg ein kleines Vorstellungsgespräch mit den Gründern statt. Zum Abschluss der Führung spinnen alle an einer Taiwan-Deutschland-Startup-Exchange-Idee herum und hoffen einen engen Kontakt zu pflegen.
Am Nachmittag besuchen Hom und Ricarda AppWorks, die zweimal im Jahr bis zu 40 Startups im Rahmen eines sechsmonatigen Programms betreuen. Sie haben ihr eigenes, sehr angesehenes Ausbildungszentrum entwickelt und konzentrieren sich im Besonderen auf Startups im Tech-Bereich. Die Anmeldungen für ihr Startup-Programm bekommen sie aus ganz Asien. Appworks verfügt mittlerweile über einen Erfahrungszeitraum von acht Jahren, wodurch sich bereits ein großes Netzwerk von Startups, Mentoren, Investoren und Interessierten entwickelt hat. Schnell kommen Ricarda und Natalie, Mitarbeiterin bei Appworks, in ein sehr intensives Gespräch und tauschen Erfahrungen und Herausforderungen aus.
Neben den beiden offiziellen Besuchen führt Hom Ricarda durch Taipei und zeigt ihr Orte mit besonderen Raumkonzepten, die meist Freunde von ihm gestaltet haben. Die beiden diskutieren und analysieren mittlerweile sehr vertieft über ihre jeweiligen Ansichten und können offen über kulturelle Unterschiede und Gemeinsamkeiten sprechen.

Tag 13 (19.04.): 21 dishes with a lot of heart

Es ist ca. 21:00 Uhr, als sich unsere ungläubigen Blicke auf den Tisch vor uns richten. Dort steht ein Gericht nach dem anderen vom nahegelegenen NingXia Night Market vor uns und wartet darauf, verspeist zu werden. Ein Problem: Wir sind satt. Übrigens schon seit unserer Ankunft hier in Taipei. Wir werden derartig fürsorglich mit Essen versorgt, dass wir „Hunger“ nur noch aus Erinnerungen kennen. In Deutschland nennt man diese Form der Essenverabreichung „feeding“ oder so. Etwas erschöpft schaut Christoph in die Augen unserer taiwanischen Begleiter, die breit lächeln und mit einem dezenten „eat more“ den weiteren Takt angeben. Wir essen und lachen – einfach toll, wie wir hier Kontakt zu Menschen bekommen. Dass wir hier noch die lokale Küche genießen können, ist dann noch die Zugabe.

So geht ein Tag zu Ende, an dem wir zunächst mit Adecco – einem internationalen Personaldienstleister – über Recruiting, Arbeitskulturen und über Förderung von jungen Potentialträger gesprochen haben. Nach dem Lunch (klar, wieder Essen) sind wir dann über die Dihua Street gegangen, die in Taipei sowas wie ein Beispielviertel für Urban Regeneration darstellt. Hier sind Künstler wie Jeff, unser Ansprechpartner heute, dabei, das Viertel in eine kreative Zone zu verwandeln, bei der sich traditionelle Gebäude, Essensmärkte und Kunst zu einem lebendigen Ort entwickeln, in dem alle Generationen gemeinsam leben.
Wir schauen uns einen Tempel an, bestaunen die exotische Küche, riechen stinky Tofu und lassen uns durch die engen Gassen treiben.

Jeff ist auch der, der uns beim Essen an die wichtigste Sache erinnert: Mit dem Herzen dabei sein. Darauf stoßen wir an! Am Ende – nach Nach 21 Gerichten und vollem Magen – halten Christoph und Jeff einen Panda in der Hand und bilden ein großes Herz. Schade, dass es davon kein Foto gibt… 😉

Tag 11 (17.04.): Kaiserliche Schätze, oder auch: Kohl und Schweinebauchfleisch

Am Dienstag begann unser Programm erst am Mittag, mit einem Clubbesuch beim Taipei Tungsheng Rotary Club. Die Zeit am Morgen nutzen wir, um zumindest ein wenig des doch mittlerweile recht dringend benötigten Schlafs nachzuholen. 😉
Der Clubbesuch heute war unser erster Clubbesuch zur Mittagszeit. Entsprechend fiel die Teilnehmerzahl leider etwas geringer aus. Dafür hatten einige Rotarier aber ihre Arbeitskollegen oder Ehefrauen zu dem dem Meeting eingeladen. In gemütlicher Runde stellten wir uns und Deutschland vor und berichteten anschließend von unseren bisherigen Erfahrungen in Taiwan.

 

Am Nachmittag ging es für uns in Taipei National Palace Museum. Das Museum ist eines der meistbesuchten Museen der Welt, da es die bedeutendsten Nationalschätze Chinas zeigt. (Als die Mitglieder der Kuomintang – der Nationalen Volkspartei Chinas – während des Chinesischen Bürgerkriegs nach Taiwan flohen, nahmen sie die schönsten und wertvollsten Gegenstände der kaiserlichen Kunstsammlung mit.)
Neben den berühmtesten Ausstellungsstücken werden die Exponate im Museum regelmäßig ausgetauscht. Um sich die ganze Sammlung anzusehen, benötigt man angeblich mehrere Jahrzehnte.
Wir nahmen an einer sehr guten und interessanten Führung teil, deren erster Stopp uns zu einem Kessel und einer Glocke führte, die weit über 1.000 Jahre alt sind. Auf beiden lassen sich Erzählungen finden, sodass anhand des Kessels und der Glocke die Ursprünge der chinesischen Schriftsprache untersucht werden können. Weiter ging es zu Keramik in der poetischen „Farbe des Himmels nach dem Regen“, die sich ein Kaiser für seine Amtszeit gewünscht hatte. Die beiden wohl berühmtesten Ausstellungsstücke – ähnlich wie die Mona Lisa im Louvre gut an der großen Anzahl an Menschen zu erkennen – sind zwei Werke aus der Jade-Kollektion: Ein fein gearbeiteter Kohlkopf, der als Mitgift zum Einsatz kam, und ein Edelstein, der aussieht wie ein Stück Schweinebauchfleisch. (Nur beim Kohl handelt es sich tatsächlich um Jade; der Begriff wird im Chinesischen aber ganz allgemein genutzt, um jede Art von wertvollem Stein zu beschreiben.)
Es folgten noch viele weitere interessante Exponate. Unser Fazit: ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall, eine Führung wird empfohlen. 🙂

Tag 10 (16.04.): Im Zeichen der Gesundheit

Heute ging es bei uns thematisch um das Thema Medizin. Wir starteten den Tag mit dem Besuch bei der Firma Japanese Medical. Die Firma importiert freiverkäufliche Arznei- und Kosmetikartikel aus Japan und bietet diese landesweit in 42 Filialen an. Hauptzielgruppe sind – neben Taiwanesen – Touristen aus China. Diese bevorzugen ausländische Markenprodukte wegen ihrer (vermeintlich) besseren Qualität, und da es für sie einfacher ist, nach Taiwan zu reisen als nach Japan, kaufen sie unter anderem bei Japanese Medical fleißig ein. (In Deutschland kann man dieses Phänomen sehr gut zum Beispiel im dm im Düsseldorfer Hbf beobachten; insbesondere Babymilchpulver ist dort ein Kassenschlager.)
Nachdem wir uns das Sortiment in einer der Filialen genauer angeschaut hatten, wurden wir vom Firmeninhaber und seinem Sohn durch die oberen Etagen des Gebäudes geführt, in denen sich das Head Office der Firma befindet. Die in etwa 50 Mitarbeiter hatten die Etagen gerade erst bezogen und wir konnten an einer kurzen Einweihnungs-Zeremonie teilnehmen. Auffällig war, dass in den Großraumbüros deutlich weniger Menschen pro Etage arbeiteten, je weiter nach oben wir im Gebäude kamen. Das mit Abstand größte Büro hatte der Chef der Firma. In diesem Raum wie auch in allen anderen Konferenzräumen wurden diverse Kunstgegenstände zur Schau gestellt, unter anderem ein aus einem Stück Holz geschnitzter Pinsel, welcher wirtschaftlichen Erfolg symbolisiert (Money, money, money…). Außerdem saß noch ein Plüschtier – ein pinker Tiger – auf der Anrichte hinter dem Schreibtisch des Chefs. Der pinke Tiger ist das Maskottchen der Firma; der Chef ist im Jahre des Tigers geboren.

 

Nach einem leckeren Mittagessen in einem von außen weniger anschaulichen Restaurant und einem kurzen Zwischenstopp in Mikes Firma, ging es für uns noch zu einer Praxis für Traditionelle Chinesische Medizin (TCM). Dr. Chen, der zusammen mit seiner Frau die Praxis Jinghe (Wonderful Clinic) führt, nahm sich sehr viel Zeit, uns in das Thema einzuführen. Er erklärte uns, weshalb verschiedene Teile von Pflanzen – je nach Symptom – bei der Behandlung zum Einsatz kommen. Wurzeln zum Beispiel sollen Kraft spenden, wohingegen Blätter helfen können, Wärme (Fieber) zu reduzieren. Wir konnten eine Vielzahl von Produkten riechen und zum Teil auch probieren. Dr. Chen berichtete außerdem von seinem sehr umfangreichen und zeitintensiven Studium und erläuterte, welch unterschiedliche Faktoren bei einer Diagnose erfragt und anschließend bei der Behandlung berücksichtigt werden müssen. Je nach Patient können die zum Einsatz kommenden Kräuter und Pflanzen trotz der gleichen Krankheit stark variieren. Er erläuterte auch, dass die traditionelle chinesische Medizin trotz der zum Teil zeitintensiven Zubereitungszeit der Arzneimittel derzeit eine Renaissance erlebt. Genauso gibt es aber auch in Taiwan den gegenteiligen Trend, dass Patienten auf starke Arzneimittel wie Antibiotika bestehen.
Nachdem all unsere Fragen zur traditionellen chinesischen Medizin beantwortet waren, wagten Peter und Lisa es, ihre erste Erfahrung mit Akkupunktur zu machen. Peter bekam eine Nadel oben in den Kopf (wir haben alle weggeschaut 😉 ), für Lisa gab es eine Nadel in den Arm. Wir spürten die Nadel zwar jeweils unter der Haut, unangenehm war das Gefühl aber nicht. Eine echte Behandlung dauert natürlich länger (15-20 Minuten) und beinhaltet viel mehr Nadel.
Zum Abschluss führte Dr. Chen uns durch die Praxis und zeigte uns die Behandlungsräume und das Sprechzimmer, in dem wir uns an der Glaswand verewigen durften.

 

Am Abend trafen wir uns noch mit Freunden, die wir in der Vorwoche beim Rotary-Meeting des Taipei Tsaoshan Clubs kennengelernt hatten. Gemeinsam ging es zum Abendessen auf den Shilin Nachtmarkt, den größten und bekannten Nachtmarkt Taiwans. Es war ein sehr schöner und leckerer Abend. 🙂

Tag 9 (15.04.): Betriebsausflug auf Chinesisch

Der heutige Tag war ein weiteres Mal gespickt mit lauter Kuriositäten und besonderen Momenten:
Wir starteten früh um 07:30 Uhr und durften an dem Betriebsausflug von Johnnys Firma teilnehmen. Es ging an den Strand in Keelung, Zeit für Beach Clean-Up sagte unser Programm. Also waren wir alle darauf eingestellt, heute der lokalen Umwelt etwas Gutes zu tun. Von Tatendrang konnte man so frühmorgens zwar noch nicht wirklich sprechen, aber wir hatten eine Stunde Busfahrt vor uns – Zeit für ein kleines Nickerchen.
Wir steigen also in einen der beiden bereitstehenden Busse, in dem Johnnys Mitarbeiter bereits sitzen. Alle winken und grüßen super nett und schon sitzen wir neben schicken,  dekorativen Busgardinen und probieren vorsichtig erste Schlafpositionen – jap, das wird gehen. Dann nimmt einer von Johnnys Mitarbeitern das Mikro….
…was folgte waren 60 Minuten Spiel und Spaß – jeder machte mit. Wir spielten eine Art Stille-Post-Spiel, bei dem man seinem Nachbarn über einen ausgefeilten Zwinkercode über Blickkontakt (hoffentlich richtige) Zahlen weitergibt. Und obwohl wir doch eigentlich schlafen wollten, fangen wir an, diese Art der Mitarbeiteranimation zu genießen. Alle sind positiv drauf und freuen sich auf das was kommt.
Zu dem Zeitpunkt ahnten wir noch nicht, dass in den kommenden Stunden immer mindestens ein Mitarbeiter ein Mikrophon oder wahlweise auch ein Megaphon benutzen würde. Manchmal im Übrigen auch zwei Personen parallel; man versucht halt, einander zu übertönen. Geht ja auch nicht anders, wenn der andere gerade spricht. Nacheinander zu reden war offenbar keine Option. Nur gut, dass es jemanden mit Trillerpfeife gab, der die gesamte Meute unter Kontrolle brachte, wenn der Lautstärkepegel dann doch zu sehr zu zunehmen drohte… Auch wussten wir nicht, dass das Entertainmentprogramm auch nach Ankunft am Zielort fortgeführt werden würde, zusammengefasst:

  1. Stille Post mit Zwinkern (da beide Team – rechte und linke Seite im Bus – bereits bei zweistelligen Zahlen ihre Probleme hatten, wurde auf hunderter, die mit einer Schnappbewegung des Mundes dargestellt werden, verzichtet)
  2. Dance-Battle: dreimaliges Aufsagen eines Gegenstandes, den man am Strand finden kann, kombiniert mit einer ausgearbeiteten Bewegung. Damit tritt man gegen die gegnerischen Tische an, die ihrerseits Posen einstudiert haben. Wer nicht schnell genug dem Aufruf folgt, verliert.
  3. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst: möglichst schnell nach Nennung von 1-3 Gegenständen die richtige Anzahl aller Gegenstände gleichzeitig auf den Tisch legen und die Hand heben. Der Schnellste gewinnt (was eigentlich?)

Zum Wesentlichen: ein weiterer, sehr wichtiger Programmpunkt des Ausflugs bestand darin, ein Bewusstsein für die Vermüllung unserer Natur zu bekommen. Dem Vortrag über die Verschmutzung der Meere folgten dann auch Taten. Ausgestattet mit Schutzhandschuhen, Greifzangen und Mülltaschen machten wir uns auf zur Küste und sammelten Müll ein: Schnell trugen wir jede Menge Styropor, Zigarettenfilter und generell eine Unmenge von Plastik zusammen. Es war nur ein kleiner Abschnitt, den wir absuchten und so machte es uns schon betroffen, die Mengen von gesammeltem Abfall betrachten zu müssen, die wir in nur einer Stunde gefunden haben. Trotzdem waren wir froh, an der Aktion teilgenommen zu haben. Auch wenn es nur ein kleiner Beitrag war, haben wir beobachten können, wie stark das Gespür für die Umwelt bei den Taiwanesen vorhanden ist wie auch die Bereitschaft, etwas für sie zu tun.

 

Am Abend durften wir einem wunderschönen Konzert von Camille beiwohnen. Es fand in der National Concert Hall statt und beinhaltete diverse klassische Sopranstücke auf Deutsch, Englisch und Französisch wie auch auf Mandarin und Hakka. Es waren sehr berührende Momente in einem sehr imposanten Konzerthaus. Tief beeindruckt von dem großen Talent der Sängerin verneigen wir uns und danken all unseren Gastgeber jeden Tag aufs Neue für diese einzigartig skurrilen, nachdenklichen und schönen Momente.

Tag 8 (14.04.): Rumble in the Jungle

Heute ging es für das GSE-Team zum Wandern in die Berge. Da es in Taiwan bereits im Frühling tagsüber regelmäßig 30° und wärmer wird, trafen wir uns schon früh morgens ganz im Süden Taipeis. Leider fährt die U-Bahn in Taipei nicht zwischen 24:00 und 06:00 Uhr, was dazu führte, dass unser Treffen von sehr früh (06:30 Uhr) auf früh (07:45 Uhr) verschoben wurde. Wir wohnen alle sehr verstreut und einige hatten eine Anreise von über einer Stunde, wodurch die letzte Nacht noch kürzer war als gewohnt.
Die Rotarier aus unserem Gastgeber-Distrikt 3522 haben sich zu einem losen Wanderclub zusammengeschlossen, alle, die Lust haben, treffen sich im zweiwöchigen Rhythmus. Zwei Mal im Jahr reist man sogar zusammen ins Ausland, um dort wandern zu gehen. Heute fanden sich mit uns ca. 35 Personen zum Wandern ein. Direkt konnten wir feststellen, dass die Taiwanesen das Wandern sehr ernst nehmen: alle erschienen perfekt ausgerüstet, mit Wanderschuhen und -rucksäcken, Funktionskleidung, Teleskopstäben und vielem mehr. Da kamen wir uns in unserer Sportkleidung und mit Sneakern fast schon deplaziert vor. 😉
Nach einer kurzen Fotosession wurden wir auf verschiedene Autos verteilt und fuhren gute 40 Minuten aus der Stadt heraus in die Berge, Richtung PingLin. Die oft enge und kurvige Bergstraße war gut besucht: neben vielen Autos überholten wir immer wieder Radfahrer, außerdem wimmelte es nur so von Motorrädern und Rollern und auch von Fotografen, die fast schon paparazziartig an der Strecke standen und Fotos von den Motorradfahrern machten, zum Teil mit wirklich beeindruckender Ausrüstung. Grundsätzlich kann der Verkehr in Taipei mitunter als abenteuerlich bezeichnet werden (siehe dazu auch den Bericht von unserem ersten Tag) und es hat uns alle überrascht, dass wir bisher noch keinen Unfall gesehen haben. Bisher ist hierbei auch das richtige Wort; auf dem Weg in die Berge passierten wir leider diverse Unfallstellen.
Am Ziel angekommen wurde dann erst mal Essen gereicht und es wurden weitere Fotos gemacht, bevor es dann mit dem tatsächlichen Wandern los ging. Gute eineinhalb Stunden wanderten wir von einem kleinen Tempel aus zu einer Gedenkstätte sowie dem Grab der in diesen Bergen von den japanischen Besetzern ermordeten Ureinwohner. Anschließend ging es auf demselben Weg wieder zurück. Zwischendurch machten wir immer wieder kurze Pausen, um eine Kleinigkeit zu essen (der Taiwanese ist vorbereitet und bringt zum Wandern kleine Snacks mit, die in der Gruppe geteilt werden können). Als es zwischendurch kurz leicht anfing zu nieseln, waren wir sehr überrascht, dass die Wanderung einfach mit Schirmen fortgesetzt wurde (der Taiwanese ist vorbereitet und bring zum Wandern auch einen Schirm mit). Die Strecke war insgesamt zum Glück nicht zu anspruchsvoll, denn durch die Hitze (30°C) und die hohe Luftfeuchtigkeit (schwül, schwül, schwül!) kam man auch ohne große körperliche Anstrengungen durchaus ins Schwitzen. 😉
Wieder am Ausgangspunkt der Wanderung angekommen erwarteten uns bereits zwei große Töpfe mit selbstgemachter Nudelsuppe. Ein Teil der Wandergruppe war nicht die gesamte Strecke mit uns gewandert, sondern vorzeitig um gekehrt, um das Essen zuzubereiten. Wir staunten nicht schlecht, als jeder aus seinem Rucksack ein kleine Metallschüssel und Stäbchen hervorholte (der Taiwanese ist vorbereitet). Zufrieden und geschafft langten wir zu und verspeisten die ein oder andere Schüssel der sehr leckeren Suppe.

Das Wandern in Taiwan hat uns allen großen Spaß gemacht. Die Landschaft ist sehr grün und atemberaubend schön, einen solchen Tagesausflug können wir jedem nur empfehlen.
An dieser Stelle danke an den rotarischen Wanderclub des Distrikts 3522 für den tollen Tag und an Hipo, der uns eingeladen und alles organisiert hat!

 

Abends sind wir zu einem gemeinsamen Abendessen mit den Gastfamilien zusammengekommen. Dazu trafen wir uns in einem „healthy store“, der im hinteren Teil der Verkaufsfläche über eine voll funktionsfähige Küche und Sitzgelegenheiten verfügt, die gemietet werden können. Unsere Familien brachten jeweils ein paar Kleinigkeiten mit zum Essen, sodass ein abwechslungsreiches Buffet entstand. Wir speisten in gemütlicher Runde und ließen den Abend entspannt ausklingen.

Tag 7 (13.04.): Charter-Feier mal anders

Heute Vormittag ging es für uns zum Office des Präsidenten der Republik China (Taiwan). Hier konnten wir einiges über die jüngere Geschichte Taiwans lernen.
Das Presidential Office Building ist fast 100 Jahre alt, es wurde 1919 fertig gestellt und hat seither alle Naturkatastrophen, die Taiwan regelmäßig heimsuchen, unbeschadet überstanden. Das Gebäude wurde erbaut, als Taiwan unter japanischer Herrschaft stand, was man jedoch von außen weniger sieht (es sieht sehr westlich aus). Der Grundriss des Gebäudes ist jedoch bewusst dem Schriftzeichen 日 nachempfunden, was neben den Bedeutungen Sonne und Tag auch verwendet wird, um Japan abzukürzen.
Während der Führung wurde immer wieder das Motto der aktuellen Regierung unter Präsidentin Tsai Ing-wen veranschaulicht und betont: Power to the people. Dieser Leitsatz ließ sich bereits groß in der Eingangshalle finden und begleitete uns durch verschiedene Räume, wie beispielsweise einer Ausstellung über Demonstrationen, die in Taiwan stattgefunden haben, bis hin zu verschiedenen Stempelkissen am Ausgang.
Neben verschiedenen Ausstellungsstücken wie zum Beispiel Uniformen der Bediensteten und des Militärs oder auch Siegelstempel aus Jade und einer Replika des Tisches, der im Büro der Präsidentin steht (nicht anfassen! nicht hinsetzen! nicht berühren!) wurde auch viel Kunst gezeigt: Comics und Karikaturen, von Musikern gestaltete Fesser, die Musik abspielen, Zeichnungen und Fotografien eines berühmten taiwanesischen Künstlers und Bilder von einem Malwettbewerb von Grundschülern.
Die von der Regierung genutzten Zimmer waren leider nicht begehbar, aber wir konnten dennoch ein Foto mit Präsidentin Tsai machen. 🙂

 

Nach einem leckeren japanischen Mittagessen hatten wir ein wenig Zeit, um noch ein paar organisatorische Dinge abzustimmen und uns für die Charter-Feier des RC Taipei Shihlin vorzubereiten. Anders als bei uns in Deutschland feiern die Clubs in Taiwan jedes Jahr ihren Geburtstag (der Shihlin Club wurde zum Beispiel 42) und fahren hierfür sehr groß auf: über 300 Leute, darunter auch Rotarier aus den Partner-Clubs in Japan, den Philippinen und Südkorea nahmen an der Feier teil.
Nach einigen Reden und zwei Rotary-Songs es wurde in rauen Mengen Essen aufgetischt, als Begleitung gab es eine vielfältige Show. Diese begann mit einer Modenschau der Frauen der Rotarier (Shihlin ist ein reiner Männerclub), bei der verschiedene Nationen dargestellt werden sollten. Danach eröffnete der Club mit drei Liedern die Bühne für eine Mischung aus Karaoke, Schauspielerei und Tanz. Jeder der Clubs und auch sonst jeder, der wollte, konnte auf der Bühne etwas aufführen.
Als GSE-Delegation waren wir natürlich auch mit dabei und sangen gemeinsam mit vielen rotarischen Freunden, die wir in unserer ersten Woche kennenlernen durften, das Lied Edelweiß – was auch sonst. 😉
Zum Ende hin verlagerte sich das Bühnenprogramm zunehmends in den Saal und die Party endete mit einer großen Polognese, die mehrfach ihre Runden durch den großen Raum zog.
Der Abend war ein wirklich toller Abschluss unserer ersten Woche hier in Taiwan. Wir danken dem Taipei-Shihlin Rotary Club, dass wir an dieser unvergesslichen Feier teilnehmen durften!

Tag 6 (12.04.): Erster Vocational Day

Heute haben wir das erste Mal kein gemeinsames Programm gehabt. Stattdessen gab es für uns alle interessante Einblicke in unser jeweiliges Berufsfeld.

Denise besuchte heute den Arbeitsplatz ihrer nächsten Gastfamilie: Clinic 101.
Dr. Chou ist Allgemeinmediziner, in seiner Praxis arbeiten insgesamt 6 Personen.
Wie wir es aus deutschen Arztpraxen kennen, gibt es einen Empfang, an dem man bei jedem Besuch eine Art Anamnesebogen ausfüllen muss. Danach wird man auch hier in den Wartebereich gebeten und aufgerufen. Die Praxis umfasst 3 Praxisräume, die unterschiedlich ausgestattet sind (Ultraschall- und Blutdruckmessgeräte, HNO-Instrumente usw…)
Was hier fehlt, ist ein Labor, ein separater Raum für Blutuntersuchungen. Dennoch finden Blutabnahmen statt. Am heutigen Tag hat Dr. Chou einen Termin für eine Eigenbluttherapie gegen Arthritis. Eine portable Zentrifuge, um die Blutbestandteile aufzutrennen, wird daher eigens in die Praxis geliefert. Nach etwa 10 Minuten ist das Blut aufgetrennt, die Blutplättchen können in das Kniegelenk injiziert werden.
In einem anderen Raum der Praxis werden zudem Kosmetikbehandlungen angeboten. Entsprechend kann man hier auch Kosmetikartikel erwerben. Ruby, Dr. Chous Ehefrau, erzählt, dass sie besonderen Wert auf biologische Kosmetik legt, entsprechend ist die Ware ausschließlich natürlichen Ursprungs.
Völlig überraschend ist, dass in der Praxis eine Apotheke integriert ist. Der Arzt sendet dem Apotheker die Verordnung direkt zu, dieser bereitet die Medikation für den Patienten dann tagesgenau zu, in dem er pro Tag die Tabletten in Tütchen verschweißt. Ganze Packungen werden hier indes nicht herausgegeben.
Die Praxis ist montags – samstags geöffnet, am Sonntag besucht man den Notarzt oder – im Notfall – das Krankenhaus. Man kann Termine vereinbaren, was zu Vorsorgezwecken sinnvoll ist, oder im akuten Fall ohne Termin kommen.
Grundsätzliche Standardbehandlungen sind von der Krankenkasse abgedeckt; für Therapien, die darüber hinausgehen (z. B. die Eigenbluttherapie) müssen die Patienten jedoch selbst aufkommen.
Am heutigen Tag erscheint die Wartezeit kurz, den Eindruck bestätigt Dr. Chou, nicht ohne zu erwähnen, dass man beispielsweise bei einem Hautarztbesuch durchaus mit weitaus längeren Wartezeiten rechnen kann… Zu guter Letzt erzählt Dr. Chou, dass auch hier der Montag den am stärksten frequentierten Tag darstellt.
Alles in allem findet man am Ende also doch weit mehr Gemeinsamkeiten zu Deutschland als man vorab vermutet hätte… 😉

 

Ricardas Vocational-Koordinator ist der Architekt Hom, einer von zwei Partner des Büros wooyo. Das Büro teilt sich in zwei Schwerpunkte: zum einen Kommunikationsdesign und zum anderen Architektur. Auch räumlich sind sie voneinander getrennt. Homs Architekturbüro liegt zwar zentral in der Nähe der ShihChien Universität in Zhongshan, jedoch versteckt es sich friedlich hinter hohen Mauern. Das Büro ist ein alleinstehendes, einstöckiges Gebäude und mit einer Glasfassade in Richtung eines kleinen Gartens ausgestattet. Neben fünf Mitarbeitern hat Hom einen Hund aufgenommen.
Ricarda und Hom hatten heute vier Stationen: Zuerst gingen sie in die Dihua Straße, wo sich der befreundete Architekt Chiahao Tse mit seinem Büro B+P Architects befindet. Im Januar diesen Jahres wurde eines seiner Projekte, die Reismühle in Taipeh, in dem deutschen Innenarchitekturmagazin AIT gezeigt. Als nächstes zeigte er ihr eines seiner eigenen innenarchitektonischen Projekte. Er gestaltete den Ort „walkingbook“. Im Erdgeschoss befindet sich ein Café, im ersten Obergeschoss ein Restaurant, im zweiten OG ein Co-Working-Space mit kleiner Bibliothek und darüber das Büro der Inhaber. Im besonderen war Ricarda von dem Co-Working-Space beeindruckt, hier konnte man sich einmieten und klettern, sich ins Schaufenster zum Lesen und Nachdenken setzen oder an langen Schreibtischen arbeiten. Anschließend besuchten sie die Universität ShihChien und trafen den Dekan der Architekturfakultät. Zum krönenden Abschluss ging es in Homs Büro mit einer Einführung in seine Gestaltungsphilosophie und der Vorstellung einiger seiner Projekte.

 

Es ist ca. 14:30 Uhr, als Christoph mit voller Begeisterung in einer Menge von Taiwanesen die Hände hochreißt und jubelt. Der Grund – in den letzten Stunden wurde gegessen, gesprochen und es wurden Spenden über eine Auktion eingeholt. Nun ist die Zeit für das abschließende Gruppenfoto und jeder reißt begeistert seine neu erworbenen Gegenstände hoch, vom Geschirr, über Mercedes Benz Utensilien bis hin zu Jonny Walker. Alle scheinen glücklich über das Erreichte und vor allem über die gemeinsam verbrachte Zeit zu sein. Das ist hier echt ansteckend und bringt Christoph, in vorderster Reihe sitzend, dazu, breit mitzulächeln.
Die Auktion selber wird von einem Marktschreier immer wieder angetrieben, hier wird gejubelt, geklatscht, gestaunt und vor allem geboten. Am meistens packt Christoph die positive Einstellung der Menschen. Schnell komme er ins Gespräch und hilft beim Präsentieren der angebotenen Produkte.
Christophs Tag besteht aber noch aus vielmehr: die Real Estate Association und die Fabulous Group stellen sich ihm vor – immer mit großem Engagement und großer Bereitschaft, seine Fragen zu beantworten. Man lacht, vergleicht taiwanesische mit deutschen Vorgehensweisen, blickt auf verschiedenste Bauprojekte und auf Austausch-Events in der Immobilienbranche. Ein verbindendes Element: es wird umgesetzt. Während wir über kulturelle Änderungen in der Projektarbeit diskutieren,  Strukturen hinterfragen und den Rahmen für mehr Kommunikation im Team stecken, wird hier gebaut. Und zwar nach oben. Ein Gebäude nach dem anderen hüpft mit Leichtigkeit über die Hochhausgrenze. Die Bauzeiten sind gering, das Bauvolumen groß und die geschaffene Fläche riesig. Städtebaulich wird hier sicherlich ein anderer Ansatz verfolgt, man scheint aber zufrieden zu sein. Und so blickt Christoph am Ende seines Tages auf dem Dach eines Hochhauses auf die Stadt und lässt die vielen Eindrücke auf sich einwirken.

 

Für Lisa ging es heute zunächst zur Firma GT International, bei der auch ihr Vocational-Coordinator Leo arbeitet. Die Firma hat sich zu Zeiten der wirtschaflich angespannten Beziehungen zwischen Taiwan und China auf Exporte nach und Importe aus China spezialisiert und bedient diese Relation seit über 30 Jahren. Mehrfach wurde betont, dass die langjährige Erfahrung zwingend erforderlich sei, um ausreichende Beziehungen zu den Zollbeamten in Mainland China, wie die Volksrepublik hier bezeichnet wird, aufzubauen.
Anschließend ging es für Lisa zur Firma Kerry Logistics. Die in HongKong gegründete Firma ist in über 50 Ländern vertreten, der Schwerpunkt liegt aber im asiatischen Raum. In Taiwan bietet die Firma eine Vielzahl von logistischen Dienstleistungen an, angefangen von Cargo-Transporten über Paketzustellung bis hin zum Betreiben eines online-Shops für taiwanesische Bauern. Nach einer kurzen Firmenpräsentation ging es zu einer Art Depot im Industriegebiet in der Nähe des Flughafens. Von hier aus starten die Paketzusteller morgens früh ihre Tour. Nachmittags holen sie bei den vielen klein- und mittelständischen Unternehmen, die es in Taiwan gibt, Pakete ab und bringen diese ins Depot, wo die Pakete dann manuell sortiert werden. Nur sehr wenige größere Firmen haben so viele Pakete am Tag, dass diese direkt in ein Sortierzentrum eingeliefert werden.
Ein solches Sortierzentrum konnte Lisa im Anschluss ebenfalls besichtigen. Die Firma Kerry Logistics betreibt in Taiwan – das in etwa so groß ist wie Baden-Württemberg –  vier solcher Zentren (im Vergleich: DHL hat in Deutschland insgesamt 34 Sortierzentren). Die Sortieranlagen schaffen bis zu 6.000 Paketen in der Stunde (die modernsten Sortieranlagen in Deutschland schaffen 50.000 Pakete). Da ein Großteil der Sendungen aber bereits in den Depots sortiert und nur noch in Gitterboxen umgeschlagen wird, brauchen die Sortiernanlagen aber auch nicht die Kapazitäten, die man aus Deutschland kennt.
Insgesamt war Lisa überrascht, dass es in dem sonst technologisch so weit fortgeschrittenen Land zumindest bei der Paketzustellung viele manuelle Prozesse gibt.

 

Alles in allem hatten wir alle einen sehr spannenden ersten Vocational Day. Vielen Dank an dieser Stelle noch einmal an unsere taiwanesichen Vocational-Koordinatoren und an die Firmen, die uns so freundlich empfangen haben!

 

Für Peter war der Tag heute etwas ruhiger. Er verbrachte diesen mit Hipo, dem Vocational Day Coordinator aus dem GSE-Committee. Es ging in die Natur und anschließend versuchte er sich beim Mahjongg Spielen – mit Erfolg, wie man sieht. Abends hatte er die Möglichkeit, Hipos Familie kennenzulernen.

Tag 5 (11.04.): The heat is on, oder auch: To the skull, Peter

Heute stand unser erster Clubbesuch an und somit auch unsere erste Präsentation. Bevor es aber abends so weit war, besuchten wir tagsüber noch zwei Firmen.

Los ging es bei der Firma Hotai, die für die japanische Firma Daikin Klimaanlagen in Taiwan verkauft. Hier wurde uns ein tolles Programm geboten. Nach einer sehr kurzweiligen Firmenpräsentation, die unter anderem einen unterhaltsamen Werbespot für das von Daikin in den Klimaanlagen verwendete Kühlmittel R32 sowie einen Popsong über eben jenes Kühlmittel beinhaltete, durften wir selber aktiv werden. Wir waren aufgefordert, die Aufgaben eines Luftreinigungsgeräts zu übernehmen, indem wir die Schmutzpartikel etc. mit Bällen abwerfen mussten. Unser Ehrgeiz war geweckt und tatsächlich: mit 171 Punkten konnten wir den bisherigen Highscore von 170 Punkten deutlich übertreffen. 😉
Anschließend bekamen wir im Showroom noch gezeigt, wie Klimaanlagen im Querschnitt aussehen und grundsätzlich funktionieren. Kurz ging es auf die Dachterrasse des Firmengebäudes und dann noch ins Büro des Chefs von Hotai. Antonios war extrem entspannt und hat eine große Leidenschaft für Kunst. Alle Gemälde, die man im Firmengebäude findet, hat er selbst gemalt. Mit seiner ganzen Art hat er uns alle sehr beeindruckt.

 

Nach dem Mittagessen ging es dann zu einem Architektenbüro (TMA, was für Three Men Architecture steht, da das Büro von drei Männern gegründet wurde). Hier bekamen wir einen interessanten Einblick in den Immobilienmarkt Taiwans und wie Gebäudeplanung in Taiwan funktioniert. Wenn man sich anschaut, welche Gebäude alle von TMA konstruiert wurden, meint man fast, dass alle größeren Gebäude Taipeis und vor allem New Taipeis von dieser Firma erbaut wurden.
Interessant war es für uns auch, zu erfahren, wie viel eine Wohnung in einem der Luxusappartments Taipeis kostet: 400 Mio. US$.
Unser Besucht endete mit einer kurzen Tour durch das Großraumbüro. Wir entdecken: Auch William, einer der Grüner von TMA, ist leidenschaftlicher Maler.
In der Tiefgarage mussten wir leider unseren ersten – und hoffentlich letzten – Unfall verzeichnen: zum Glück allerdings nur eine leichte Schramme oben auf dem Kopf, die Dank unserer Größe vermutlich kaum einer sehen wird.

 

Am späten Nachmittag stand dann unser erster Clubbesuch an. Wir waren beim Tsaoshan Rotary Club eingeladen. Der Club trifft sich im Grand Hotel, einem absolut beeindruckenden Gebäude. Wir bekamen eine kurze Führung durch das Gebäude, die auch den geheimen Evakuierungstunnel und die Räume, die für Staatsbesuche zur Verfügung stehen, beinhaltete. Wir freuen uns jetzt schon auf die Distriktkonferenz, die ebenfalls im Grand Hotel stattfinden wird. Es gibt in dem großen Gebäudekomplex mit Sicherheit noch das ein oder andere zu entdecken.

 

Mit leckerem Abendessen gestärkt war es dann so weit: Nachdem wir gemeinsam mit dem Rotary Club das „typisch deutsche“ Lied Edelweiß gesungen hatten, stand sie an, unsere erste gemeinsame Präsentation. Zum Glück klappte alles sehr gut.
Unser Auftritt endete mit einer Performance von 99 Luftballons, anschließend tauschten wir Club-Banner aus und machten noch diverse Gruppenfotos.
Wir danken dem Taipei Tsaoshan Rotary Club für den schönen Abend und die tolle Gastfreundschaft!